Unsere Tochter verbrannte sich

In unserer Wohnung hatten wir kein fließendes warmes Wasser. Wir haben Wasser mit einem Tauchsieder zum Kochen gebracht und dann mit kaltem Wasser auf die gewünschte Temperatur gemischt.

   Unsere erste Tochter war gerade 18 Monate alt geworden, als sie den Tauchsieder-Topf am Kabel vom Schrank riss. Das kochende Wasser floss über ihren Oberkörper und sie verbrühte sich dadurch erheblich, es war schrecklich, sie schrie durchgehend vor Schmerzen. Wir Eltern hatten mit Sicherheit nicht weniger Schmerzen, wir fühlten sie genauso.

   Telefon hatten wir zu der Zeit noch nicht, auch in der Nachbarschaft gab es keins. Also mussten wir unser Kind selbst umgehend in das nächste Krankenhaus fahren und waren aufgeregt.

  Auf der Fahrt zum Krankenhaus hat mich absolut keine rote Ampel interessiert, habe immer gehupt, damit die anderen Verkehrsteilnehmer mir den Vorrang ließen. Es war mir absolut egal, ob ich später dafür bestraft werde, ich musste meiner Tochter helfen.

   Um im Krankenhaus auf uns aufmerksam zu machen, betätigte ich vor dem Erreichen der Eingangstür die Hupe. Es wurde auch vom Pförtner wahrgenommen, der sofort zu unserem Auto kam, reinschaute und uns fragte, was passiert sei. Er ging wieder in seinen Pförtner-Raum und telefonierte nach Hilfe. Kurze Zeit später kam dann ein Arzt mit einer Krankenschwester, sie nahmen unsere Tochter aus dem Auto und gingen in das Krankenhaus. Meine Frau und ich waren total mit den Nerven fertig und weinten aus Angst um unsere Tochter.

   Wir konnten uns nur schwer konzentrieren, der Arzt versuchte uns, zu beruhigen, mit den Worten,

 

»Regt euch nicht so auf, ihr seid noch jung und könnt noch viele Kinder haben.«

 

  Wie einfühlsam von ihm, ich musste mich zurückhalten, um nicht handgreiflich gegen ihn zu werden.

   Erleichtert waren wir nach ein paar Stunden warten auf dem Flur des Krankenhauses, die Verletzungen unserer Tochter sahen schlimmer aus, als sie tatsächlich waren.